Infostand in Benrath: Türkei – die Gezi 7

Am 25. April wurde Osman Kavala, eine der führenden Persönlichkeiten der türkischen Zivilgesellschaft, der sich seit November 2017 in Untersuchungshaft befindet, wegen des “versuchten Umsturzes der Regierung” zu lebenslanger Haft unter erschwerten Bedingungen verurteilt. Seine sieben Mitangeklagten, die wegen Beihilfe angeklagt wurden, erhielten jeweils eine Haftstrafe von 18 Jahren und wurden unverzüglich ins Gefängnis überstellt. Amnesty fordert den Generalstaatsanwalt des regionalen Berufungsgerichts Istanbul auf, alle Anträge von Osman Kavala, Mücella Yapıcı, Çiğdem Mater, Mine Özerden, Can Atalay, Tayfun Kahraman und Hakan Altınay, die derzeit aus dem Gefängnis heraus Rechtsmittel gegen ihre ungerechtfertigten Verurteilungen einlegen, zu unterstützen und nicht abzulehnen.

In dem Infringment-Verfahren (https://ec.europa.eu/info/law/law-making-process/applying-eu-law/infringement-procedure_de), das das Ministerkomitee des Europarates eingeleitet hat, hat die Große Kammer des EGMR (mit einer Mehrheit von 16:1 Stimmen, der türkische Richter hat eine abweichende Meinung) am 11. Juli 2022 wie erwartet entschieden, dass die Türkei das Urteil des EGMR von 2019 im Fall Kavala nicht umgesetzt hat. Das jetzige Urteil ist sehr detailliert und klar in seiner Aussage, es ist endgültig. Die Türkei muss nun nicht nur Osman Kavala sofort aus dem Gefängnis freilassen sondern auch seine Verurteilung am 25. April 2022 muss aufgehoben werden.
Nach dem Urteil haben Prof. Cali und Dr. Kerem Altiparmak erklärt, dass das Urteil der Großen Kammer auch Auswirkungen für die übrigen Gezi-Angeklagten hat, weil der EGMR geäußert hat, dass die türkischen Gerichte keine Beweismittel für strafbare Tätigkeiten im Fall von Osman Kavala vorgelegt haben, was auch für diejenigen gelten würde, die mit ihm verurteilt worden sind.